S c h l e s i e n - das zehnfach interessante Land

 

"Seit Anfang des Monats bin ich nun in diesem zehnfach interessanten Lande, habe schon manche Theile des Gebirgs und der Ebene durchstrichen und finde, daß es ein sonderbar schönes, sinnliches und begreifliches Ganze macht."    

Johann Wolfgang von Goethe, 1790

Schlesien umfaßte vor dem Ersten Weltkrieg 40.319 qkm und war damit nicht nur die größte preußische Provinz, sondern übertraf auch an Größe alle nichtpreußischen Staaten des Deutschen Reiches mit Ausnahme des Königsreichs Bayern. Schlesien war also größer als die Niederlande oder als Belgien und Luxemburg zusammen oder als das heutige Bundesland Baden-Württemberg. 1939 wohnten in Schlesien 4,6 Millionen Mneschen.

Schlesien trägt seinen Namen nach dem germanischen Stamm der Silinger, die um die Zeitwende 500 Jahre lang das Land in Besitz hatten.

Schlesien hat in seiner rund tausendjährigen Geschichte zu den verschiedensten Könings- und Fürstenreichen gehört und vereinigt so das historische Erbe vieler Herrscherhäuser und Dynastien. Um das Jahr 1000 lebten in der schlesischen Region slawische Völker, die in die von germanischen Silingen und Vandalen bewohnten Gebiete zuwanderten. Seit dem 10 Jh. steht das Land unter böhmischen Einfluss. Bereits im 9. Jahrhundert wurde Schlesien teil des Großmährischen Reiches, am Ende des 10. Jahrhunderts eroberte der Piastenprinz Mieszko I. Schlesien, wodurch dieses unter polnische Herrschaft geriet. Entscheidend für die Entwicklung war in dieser Zeit besonders die Errichtung des Bistums Breslau im Jahre 1000.

Das piastische Polen wurde Mitte des 12. Jahrhunderts durch Erbteilung in Herzogtümer aufgeteilt, womit eine unabhängige geschichtliche Entwicklung Schlesiens von Polen einhergeht. Die schlesischen Piastenherzöge leiteten im 13. Jahrhundert auch die Besiedlung ihres Landes durch Deutsche ein, die mit ihren erweiterten agrarischen und handwerklichen Kenntnissen zum Fortschritt des Landes beitragen sollten.

Der Eintritt Schlesiens in die deutsche Reichsgeschichte beginnt mit der endgültigen Abtretung der schlesischen Herzogtümer an Böhmen durch den polnischen König Kasimir III. im Jahre 1335 (Vertrag von Trentschin). Zunehmend setzte sich in den Städten und auf dem niederschlesischen Land die deutsche Sprache durch. In Oberschlesien blieben in einigen wenigen Regionen teilweise altslawische Dialekte erhalten.

1526 fiel Böhmen und damit auch Schlesien an die Habsburger und blieb rund 200 Jahre lang unter dem Einfluss Wiens. Der schlesische Barock mit seinen Schlössern, Kirchen und religiösen Denkmälern fällt in diese Periode, die mit der Eroberung Schlesiens durch den Preußenkönig Friedrich den Großen 1740 ihr Ende nahm-

Für Oberschlesien, welches in seiner Entwicklung stets hinter Niederschlesien zurücklag, begann mit der preußischen Herrschaft eine rasche wirtschaftliche Entwicklung. Von der Industrialisierung, die sich besonders in der Bergbauregion um Gleiwitz und Kattowitz sprungartig vollzog, profitierte auch die ländliche Gegend um Oppeln durch Infrastruktur und zunehmende Besiedlung. Die neue preußische, protestantische Herrschaft führte jedoch auch zu kulturellen Gegensätzen im mehrheitlich katholischen Oberschlesien. Nach der Reichsgründung 1871 äußerte sich dies insbesondere durch den Kulturkampf.
Nach dem 1. Weltkrieg sollte auf Beschluss des Völkerbundes eine Volksabstimmung über den weiteren Verbleib Oberschlesiens beim Deutschen Reich entscheiden. Ostoberschlesien, zu dem auch Kattowitz und große Teile des Industriegebiets gehörten, fielen an Polen, trotz der Mehrheit der Stimmen für Deutschland. West-Oberschlesien, konnte als neuer Regierungsbezirk mit Sitz in Oppeln bei Deutschland bleiben. Das Hultschiner Ländchen im Süden Oberschlesiens fiel ohne Abstimmung an die damalige Tschechoslowakei. Die durch die willkürliche Grenzziehung ausgelösten, nationalen Konflikte entluden sich gewaltsam in Kampfhandlungen polnischer Nationalisten, die durch oberschlesische Selbstschutzgruppen abgewehrt wurden. 

In der Weimarer Zeit und im Dritten Reich sahen sich die Minderheiten beiderseits der Grenze erheblichem Druck ausgesetzt.

Während des Nationalsozialismus entwickelte sich die niederschlesische Ortschaft Kreisau zum Mittelpunkt des deutschen bürgerlich-zivillen Widerstandes, und zwar um die beiden Schlesier, Helmuth James Graf von Moltke und Peter Graf Yorck von Wartenburg.

 Mit dem Scheitern des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion und dem Vorrücken der Roten Armee nach Westen, befassten sich die Alliierten mit der Frage der Neuordnung Europas nach dem Kriege. Die Gebiete östlich von Oder und Neiße sollten unter polnische Verwaltung gestellt werden, somit auch Schlesien. Es wurde entschieden, die Festlegung der Ostgrenze Deutschlands einem Friedensvertrag vorenthalten. Indessen wurde mit der Vertreibung der Deutschen, teilweise noch vor der Unterzeichnung des Protokolls von Potsdam, aus den historischen ostdeutschen Gebieten begonnen, um so vollendete Tatsachen in ethnischer Hinsicht zu schaffen. Auch die Schlesier waren von der Vertreibung betroffen, die viele nicht überlebten.

Während fast alle Deutschen aus Niederschlesien vertrieben wurden, verfolgte die neue polnische Verwaltung in Oberschlesien eine andere Politik. Facharbeiter, die für den Wiederaufbau der Nachkriegswirtschaft unentbehrlich waren, wurden im Lande zurückgehalten. Viele deutsche Oberschlesier, die den status quo nur für eine Übergangsregelung hielten, optierten unter Zwang für Polen, um so ihr Leben und ihr Eigentum zu schützen. Ein Fortbestand deutscher Kultur wurde von den polnischen Behörden jedoch nicht ermöglicht. Der Gebrauch der deutschen Sprache wurde verboten, deutsche Inschriften aus dem öffentlichen Leben getilgt, deutsche Denkmäler zerstört. Die verbliebenen Deutschen mussten die polnische Sprache lernen und sich mit ihren neuen Nachbarn arrangieren. Seit 1949 bildeten sich in West-Deutschland Gruppen der geflüchteten und vertriebenen Schlesier.

Die Landsmannschaft Schlesien in Velbert wurde 1951 gegründet.

In der ehemaligen DDR war ein organisatorischer Zusammenschluss der deutschen Heimatvertriebenen untersagt.

Eine Ausreise in die Bundesrepublik war später - seit 1955 - nur einigen möglich - durch Familienzusammenführung oder Flucht. Erst nach der Wende im Jahre 1989 wurden Bedingungen geschaffen, die den Deutschen in Oberschlesien ihre kulturelle Entfaltung ermöglichen.

1990 entstanden deutsche Vereinigungen, die die deutsche Volksgruppe vertreten und das deutsche Kulturerbe Schlesiens pflegen. 

        

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