Das S c h l e s i s c h e (im Dialekt Schläsisch, zusammengestaucht auch Schläsch) ist eine Dialektgruppe des Ostmitteldeutschen, der in der einstigen deutschen Provinz Schlesien (als Teil des deutschen Staates) und angrenzenden Gebieten des Sudetenlandes gesprochen wurde und nach der völkerrechtswidrigen Vertreibung der meisten deutschen Bewohner Schlesiens und der betreffenden sudetendeutschen Gebiete nur noch vereinzelt in Oberschlesien, der Oberlausitz und der Diaspora nach der Flucht und Vertreibung (in West- und Mitteldeutschland) gesprochen wird. In Görlitz-West ist die schlesische Mundart anzutreffen. Schlesische Mundarten wurden bis 1945 von rund sieben Millionen Menschen gesprochen. Die ehemalige preußische Provinz Schlesien bildete hierbei das Zentrum einer größeren deutschen Sprachlandschaft.
Die Oberschlesische Mundart (im Dialekt Oberschläs'sche Mundoart) ist ein Teil des schlesischen Dialektes des Ostmitteldeutschen, der in Oberschlesien gesprochen wird. In Oberschlesien sprachen vor 1945 etwa zwei Drittel der Bevölkerung das Oberschlesische, die Mundart des Brieg-Grottkauer Landes sowie das Gebirgsschlesische.
Zwischen der oberschlesischen Mundart und dem slawisch-schlesischen Dialekt aufgrund der Grenznähe zu Polen und Mähren, die in Oberschlesien in einigen kleinen Regionen nebeneinander gesprochen wurden, kam es häufig zu einem Austausch von Dialektwörtern und Bestandteilen von Wörtern. So finden sich in beiden Dialekten beispielsweise dieselben Begriffe wie Beitel, aber auch Wörter die eine Mischung aus beiden Dialekten sind. So hing man an deutsche Namen, wie Franz, die Endung "-ek" an, woraus die Koseform Franzek entstand.
Auch wenn in diesem Dialektraum heute noch Deutsche leben, sprechen meist nur noch die älteren Generationen den Dialekt. Da die deutsche Sprache in der Zeit von 1945 bis 1990 staatlich verboten war und die Benutzung in der Öffentlichkeit bestraft wurde, konnte der Dialekt nicht mündlich an weitere Generationen weiter gegeben werden. Deswegen sprechen die jüngeren Generationen, wenn sie die deutsche Sprache beherrschen, meist nur Hochdeutsch, wie sie es aus den Medien und dem Schulunterricht sowie durch den Kontakt mit Deutschland kennen.
Wort |
Bedeutung |
Anmerkungen |
ahn Böhm, ahn Bemm |
Zehnpfennigstück |
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Fierhorken, Klumpehäckel |
Feuerhaken |
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Gericht | |
Gusche, Gosche, Guschla |
Mund |
Verkleinerungsform vgl. schwäbisch „Gosch“; fränkisch /„Goschn, Göschla" |
(he-)rumurbern |
herumsuchen, herumwühlen |
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Jeronje |
(Fluchausspruch) |
in etwa: Oh Gott/ach Herrje |
Jingla |
Junge |
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Jungaohs |
ungezogener Junge |
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kascheln |
auf dem Eis rutschen |
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Kascher |
Hosenschlitz |
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Kastrull |
Kasserolle |
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katschen |
schmatzen |
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Kließla |
Klöße |
vgl. fränkisch (regional) "Gließ" |
Koochmannla |
Pfifferlinge |
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kokkeln |
mit Feuer spielen |
in vielen norddeutschen Dialekten und der deutschen Umgangssprache kokeln |
(Dorf-)Gasthaus |
vgl. sorbisch korčma | |
Kretschmer |
Gastwirt |
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krewatschlich, kriwatschig |
unordentlich, schräg |
vgl. polnisch krzywy ("schräg") |
Kucha |
Kuchen |
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labern |
faseln |
inzwischen in die deutsche Umgangssprache eingegangen |
Lorke, Lura |
schwacher Kaffee, Muckefuck |
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Lork |
Miststück |
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Lotschen, Potschen, Latschen |
Hausschuhe |
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Luhsche |
Jauche, Gülle, Pfütze |
vgl. polnisch kałuża "Pfütze" |
Madla |
Mädchen |
plural: Mädla |
Merriebe |
Mohrrübe, Karotte |
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Muppa, Muppen |
Mund |
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Mutzl |
Kosewort |
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nerrsch |
verrückt |
hochdeutsch närrisch; fränkisch "nerrsch" |
Nudelkulle |
Nudelholz |
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Oberriebe(r) |
Kohlrabi |
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ocke |
auch |
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Pfloom |
Zwetschgen, Pflaumen |
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Pjeronstwo |
Ramsch, Zeugs, Krimskrams |
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Plaue |
Kinderwagenverdeck, Verdeck |
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Plotsch |
Dummkopf |
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plotschig |
sich dumm anstellen |
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Puusch |
Wald |
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Rabdehr |
Schubkarre |
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Ritsche |
Hocker |
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Schnakala |
Kosewort für Enkel |
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sechen |
wasserlassen |
vgl. fränkisch "saang" |
Sicherka |
Sicherheitsnadel |
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Teppla, Tippla |
Kochtopf |
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Tschelotka |
Verwandt-/Sippschaft |
abwertend |
Tunke |
Soße |
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treuge |
trocken |
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(uf-)kloben / aufklauben |
(auf-)sammeln |
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Wie der Schlesier spricht...
Jedes Kind lernt es heute in der Schule - oder sollte es lernen - dass der größte deutsche Dichter unserer Zeit Gerhart Hauptmann heißt. Er stammt aus Schlesien, und viele seiner Werke spielen in seiner Heimat zum Beispiel "Die Weber", "Fuhrmann Henschel", "Rose", "Schluck und Sau", "Die versunkene Glocke". In diesen Bühnenstücken treten schlesische Menschen auf: Weber, Fuhrleute, Bauern, Waldarbeiter, Förster, Schmiede und andere Handwerker, Gastwirte, Armenhausleute. Sie sprechen alle echt schlesisch, und zwar die Mundart des Waldenburger Berglandes, aus dem Gerhart Hauptmann stammt (Bad Salzbrunn). Wie bedeutend seine dichterische Leistung ist, ersieht man am besten daraus, dass seine Werke in fast alle Kultursprachen der Welt übertragen sind. Damit Ist also unser Schlesisch in die Weltliteratur eingeführt worden. Das sollten wir Schlesier - alt und jung - bedenken, und das sollte uns mit Stolz erfüllen, vor allem aber mit Lust und Liebe zu unserer Heimatsprache; dies um so mehr, weil wir außer der Mundartdichtung Gerhart Hauptmanns noch viele andere poetische Schöpfungen dieser Art haben: Volksschauspiele, Volkslieder, Gedichte, Geschichten, Märchen, Sagen, Legenden, Sprichwörter, Rätsel u. ä. - alles in unserer Mundart. Wie geht nun Schlesisch? Wie spricht der Schlesier? Schlesien ist fast von allen Altstämmen des Reiches besiedelt - von Thüringern und Franken, von Hessen und Westfalen. Der schlesische Stamm ist daher sehr "vermengliert". So sieht die Mundartenkarte bei uns sehr bunt aus. Die Hauptsprache ist das " Gebirgsschlesische". Es reicht vom Isergebirge über das Riesengebirge, das Waldenburger Bergland, die Glatzer Gebirge bis in den Altvater, zieht sich in einem breiten Gürtel von den Bergen his fast an die Oder und schneidet jenseits der Berge im Sudetendeutschen mit der deutsch-tschechischen Sprachgrenze ab. (Siehe die Sprachenkarten In "Unser Schlesien" von Karl Hausdorff.) Oberlausitzer Mundart Sie wird im Westen Schlesiens, in Ostsachsen und Nordböhmen gesprochen. Es ist das Gebiet der alten "Sechsstädte": Lauban, Görlitz, Löbau, Bautzen, Zillen, weiterhin das Land um Reichenberg, Friedland, Warnsdorf, Steinschönau. Dem Oberlausitzischen fehlt das gewichtige "A" am Ende, die "assn, trinkn, schlofn - das geht bei den "Äberlausätzern" schneller und "a bißl kurz weg". Die "soan" nicht wie "eim Gebarje", die "soin", die "froin", "die honn (haben) an Wein" (Wagen). Aber das ist nicht das Wichtigste bei dieser Mundart. Das ist vielmehr die besondere Lautbildung des "L" und "R". Diese Laute sprechen sie sehr gaumig (hinten im Mundraum), ähnlich wie es die Engländer, Holländer und Polen auch tun. Man sagt, die "Äberlausitzer rollern" - und in manchen Gegenden bringen sie das meisterhaft, deswegen heißt`s: "Doas sein de Äberlausitzer Edelroller." Neiderländische reden, wo es "reiber und neiber eiber de Auder geiht", wo man sich auch gegenseitig fragt: Kräutermundart Es ist dies die Sprache der "Krautpauern" aus den Dörfern im weiten Umkreise von Breslau, aus der Neumarkter, Trebnitzer, Oelser und Nordstrehlener Gegend. Diese Mundart - ein kleines Gebiet umfassend - stellt eine Mischung von Gebirgsschlesisch und Neiderländisch dar. Die Breslauer kannten diese Sprache, kamen die "Kräuter" doch dreimal in der Woche nach "Gruußbrassel" auf den Markt, und sonntags fuhren die "Gruußstädter" hinaus aufs Land und erquickten sich in den Kretschamen oder bei befreundeten Bauern an all den schlesischen "Leckerfetzigkeiten" ‚ die es eben nur einmal gab auf dieser Welt - eben bei uns daheim! Und dass sich die Breslauer mit den Dorfleuten gut verstanden, das ist gar keine Frage - schon allein deswegen, weil die Breslauer auch einen Dialekt sprachen, eben ihre Breslauische Mundart Es war das so eine Art "Städterschlesisch", wie wir es vielfach bei Holtei finden. In Breslau gab es ganze Stadtteile mit "eigenständigen" Sprachen. Wer kennt als Schlesier nicht die "Tschepine", die Gegend um den Striegauer Platz, die Striegauer und Frankfurter Straße? Die "Tschepiner" stießen meist "ein bißl" 'mit der Zunge an, wodurch der ohnehin nicht gerade sehr kraftvollen Sprache noch die besondere Tönung einer herausfordernden Wurstigkeit zukam. Ganz bestimmte Redewendungen sind nur aus dieser Sprechweise entstanden und nur so anzuwenden: Oberschlesien Wer hat dich außerhalb des Landes gekannt, dich, du Land der Treue? Der 20. März wird uns Schlesiern und vielen anderen Deutschen unvergeßlich sein. Dieses Oberschiesien hat ein dreifaches Antlitz: Das bäuerliche O/S um Neisse, Leobschütz, Katscher, Ottmachau, Patschkau, Grottkau, Neustadt, Oberglogau, Oppeln, Großstrehlitz usw. Hier war das Gebirgsschlesische daheim oder eine Mundart, die dem Oberlausitzischen ähnlich klang. Dahinter nach Osten zu kam das große Waldland O/S, die Heimat Eichendorffs und Gustav Freytags. Dann gelangte man in das Gebiet, das für die meisten erst richtig Oberschlesien hieß, das Land der Zechen und Gruben, der Hochöfen und Walzwerke. Hier traf man den Kumpel, der in Beuthen, Gleiwitz, Königshütte, Kattowitz, in Rudahammer und Bobrek unter Tage schwitzte: der Sefflik, der Karlik, der Antek und Franzek - oft genug schon von den Schlesiern verkannt, nicht zu reden von denen in Hamburg oder München, Konstanz oder Frankfurt. Wer hat denn gewußt, was für ein gesundes und urtümliches Volksleben sich hier entfaltet hatte! Wem war bekannt, wie treudeutsch die Oberschlesier in ihrem Denken und Tun sich immer gezeigt hatten! Kann man es ihnen übelnehmen, daß sie "sehr beese" werden, wenn da einer kommt und sie wegen ihres Dialekts zu Polen stempeln will? Da wird der Antek (Toonla sagen sie im Gebirge) nicht bloß "beese", da wird er "schlächt" und dann - dann "hast du nich ginstik". Aber sonst ist der Oberschlesier ein Gemütsmensch, ganz gleich ob das der "Antek" oder der "Franzek" (Franzla) oder der "Josek" (Josla) ist. Sie haben so ziemlich alle einen gesunden Humor, freilich nicht immer für zarte Nerven. Dafür zwei Beispiele: |